Jenseits der individuellen Karriere- und Lebensplanung ist kündigen für viele Menschen eine ernstzunehmende Überlegung. Im Grunde ist es eine Kosten-Nutzen-Abwägung: Sollte man ausharren, bis eine gute Gelegenheit zum Wechseln greifbar wird oder gehen, weil sich der alte „unerträglich“ anfühlt? Gerade in Branchen, in denen die Mitarbeiterzufriedenheit unterdurchschnittlich oder gering ausfällt, denken rund zwei Drittel der Beschäftigten regelmäßig an eine Kündigung. In manchen Branchen ist die Fluktuationsrate, die Zahl der Kündigungen innerhalb eines Jahres im Vergleich zu der Anzahl der durchschnittlich gleichzeitig Beschäftigten, außerordentlich hoch. Im Sektor der Arbeitnehmerüberlassung (Zeitarbeit) liegt der Wert sogar deutlich über 100 Prozent. Das ist durch mehrfache Neubesetzung einer Stelle innerhalb eines Jahres möglich. Diese Statistik gibt allerdings keine Auskunft über die genauen Motive für den Arbeitsplatzwechsel, kann aber zumindest ein Indikator für die relative Unzufriedenheit im Job verstanden werden.
Wechselhäufigkeit in unterschiedlichen Branchen
Branche | Fluktuationsrate | ∅ Brutto |
---|---|---|
Zeitarbeit | 138,3 % | keine spezifischen Daten |
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei | 78,2 % | 2.798 € |
Gastgewerbe | 68,1 % | 2.860 € |
Information und Kommunikation | 59,9 % | 5.769 € |
Wirtschaftliche Dienstleistungen (ohne Zeitarbeit) | 50,8 % | keine spezifischen Daten |
sonstige Dienstleistungen, private Haushalte | 38,1 % | keine spezifischen Daten |
Baugewerbe | 36,6 % | 3.597 € |
Handel, Instandhaltung und Reparatur (z.B. Kfz) | 30,7 % | 4.015 € |
Erziehung und Unterricht | 30,2 % | 4.733 € |
Immobilien, freiberufliche, wissenschaftliche und technische Dienstleistungen | 30,0 % | 5.436 € |
Heime und Sozialwesen | 29,0 % | keine spezifischen Daten |
Gesundheitswesen | 24,1 % | 4.272 € |
Verarbeitendes Gewerbe | 20,1 % | 4.502 € |
Bergbau, Energie- und Wasserversorgung, Entsorgungswirtschaft | 19,9 % | 5.252 € |
Finanz- und Versicherungsdienstleistungen | 16,7 % | 5.841 € |
Öffentliche Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung | 14,3 % | 4.254 € |
Manchmal ist es wie Notwehr
Die Gründe für eine Kündigung sind höchst individuell und auch sehr vielfältig. In einer Umfrage des Business-Netzwerks Xing nannten 43 Prozent der Befragten ein zu niedrig empfundenes Gehalt als wichtigen Grund für eine Kündigung. In unterschiedlichen Studien rangiert das Gehalt nicht als Hauptmotiv für die Zufriedenheit am Arbeitsplatz, allerdings nicht auf dem vordersten Platz. 43 Prozent gaben an, dass die Unzufriedenheit mit den Vorgesetzten ein Hauptkündigungsgrund ist, und für 34 Prozent war eine schlechte Teamkultur oder ein für sie unpassendes Arbeitsumfeld für eine Kündigung ausschlaggebend. Ebenfalls 34 Prozent nannten fehlende Aufstiegsmöglichkeiten als triftigen Grund und 30 Prozent Stress und Überlastung am Arbeitsplatz.
„Should I Stay or Should I Go“
The Clash

Früher oder später gelangen aber viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen an den Punkt, an dem die Kündigung die Qualität von Notwehr erreicht. Bevor es so weit kommt, wird oft angeraten, Umstände, die zur eigenen Unzufriedenheit führen, offen anzusprechen. Vielleicht lässt sich etwas daran ändern. Wenn eine zu hohe Arbeitsbelastung das Problem ist – zu viele Aufgaben, häufige Überstunden, Einsätze außerhalb der üblichen Arbeitszeiten – kann solch eine Klarstellung dazu beitragen, dass sich etwas ändert. Vielleicht lassen sich die Aufgaben anders verteilen – oder es findet sich eine Position innerhalb des Unternehmens, in der die Belastung geringer ausfällt. Eine Garantie gibt es dennoch nicht und manchmal wird eine Besserung in Aussicht gestellt, aber in der Realität ändert sich nichts.
Liegen die Probleme tief im zwischenmenschlichen Bereich, ist das alles noch viel schwieriger. Wer seinen Platz innerhalb einer Teamstruktur über längere Zeiträume nicht findet, keinen Draht zu seinen Vorgesetzten entwickelt, sich isoliert und unverstanden fühlt und sich mit der Unternehmenskultur – und Ethik so gar nicht anfreunden kann, riskiert mehr als seinen Seelenfrieden. In solch einer Situation kann eine Kündigung der letzte Ausweg sein, bevor der Job wirklich krank macht.
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